Am 9. März 2020 lud Petra Rosenberg, die Vorsitzende der Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn und des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg, in das Don-Bosco-Zentrum ein. Gemeinsam mit dem regierenden Bürgermeister, Michael Müller (SPD), wurde an diesem Tag die Geschäftsstelle der Gedenkstätte eröffnet. Zugegen waren darüber hinaus Dagmar Pohle, die Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf sowie die ehemalige Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Dr. Insa Eschebach.
Petra Rosenberg und Janko Lauenberger gestalteten den kulturellen Programmpunkt der Eröffnung. Im Rahmen einer Lesung und eines gemeinsamen Gesprächs wurden Passagen aus „Ede und Unku – die wahre Geschichte“ rezitiert. Janko Lauenberger und Daniel Weltlinger begleiteten die Veranstaltung musikalisch.
Die Redner*innen hoben im Konsens die Bedeutung der Gedenkstätte hervor, deren Relevanz sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart und nicht zuletzt auch die Zukunft umfasst. In seiner Ansprache ordnete der regierende Bürgermeister Berlins das Zwangslager Marzahn in seinen gesellschaftshistorischen Zusammenhang ein. Der „Rastplatz“ Marzahn sei für die Sinti und Roma eine Zwischenstation auf dem Weg in den Tod gewesen. Mehr als siebzig Jahre seien vergangen, bis erst die Umsetzung einer Dauerausstellung und schließlich die Eröffnung der Geschäftsstelle realisiert werden konnten. Die Schicksale der Deutschen Sinti und Roma müssten stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken. „Viel zu lange blieb ihr Leid im Schatten. Viel zu lange blieb die Schuld unausgesprochen“, konstatierte der Bürgermeister und formulierte an dieser Stelle einen maßgeblichen Dank an Otto Rosenberg, „(…) der zeitlebens dafür kämpfte, dass der Völkermord an den Sinti und Roma Anerkennung findet.“ Anerkennende Worte richtete er ebenso an die Tochter Otto Rosenbergs, Petra Rosenberg: „Ich danke Ihnen, liebe Frau Rosenberg (…), dass Sie mit Ihrer Arbeit hier vor Ort die Erinnerung wachhalten und damit ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen setzen.“
Dr. Insa Eschebach beleuchtete die Verbindung zwischen dem Zwangslager Marzahn und dem Konzentrationslager Ravensbrück. „Hier in Marzahn begann 1936 eine Geschichte, die sich in den Konzentrations- und Vernichtungslagern fortsetzte und die für die große Mehrheit der Sinti und Roma dort auch endete. (…) Im Frauen-Konzentrationslager waren etwa 2800 als ‘Zigeuner’ verfolgte Frauen und Kinder inhaftiert.“
Die Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf, Dagmar Pohle, stellte fest: „Manche Erinnerungen mögen mit der Zeit schwinden – andere sollen und dürfen es nicht und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dies zu verhindern.“ Es sei traurige Wahrheit, dass eine Zeit kommen wird, in der Gespräche mit Zeitzeug*innen nicht mehr möglich sein werden. Nicht zuletzt aus dieser Tatsache erwachse die unverzichtbare Aufgabe der Erinnerungsarbeit. „Die Gedenkstätte macht mit ihren Bildern, mit den Dokumenten und Informationen Menschen, die einst hier festgehalten und dann deportiert wurden, greifbarer und zeigt, wie nah das Leiden war“, ergänzte die Bezirksbürgermeisterin.
Die Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn, die nun um eine Geschäftsstelle erweitert wurde, trägt dazu bei, dass jene, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, eine Stimme bekommen. Sie trägt ebenso dazu bei, dass jene, die nicht wissen, Informationen erhalten. Mit einem dauerhaften pädagogischen Angebot am historischen Ort des kommunalen Zwangslagers ist die Gedenkstätte von zentraler erinnerungskultureller Bedeutung, um aufzuklären, zu sensibilisieren und in einen Dialog zu treten. Sie verbindet das damalige Marzahn mit dem heutigen, wo die Erinnerungsarbeit davon zeugt, wie im Vorfeld der Olympischen Spiele 1936 die Berliner Sinti und Roma verhaftet und an den Stadtrand verschleppt wurden, wo sie bis 1945 im nationalsozialistischen Lager Marzahn zwangsinterniert waren. Die Zwangsinternierung war Teil eines organisierten Prozesses aus Entrechtung, Erfassung und Ausschluss der Sinti und Roma aus der Gesellschaft. Von Marzahn aus erfolgten im Frühjahr 1943 die ersten Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
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